Nordeuropa 2019 Teil 2

Alta

Mit dem Nordkap ist der nördlichste Punkt der Tour erreicht und es geht wieder Richtung Süden. Mitnichten ist es aber eine Rückfahrt, denn jetzt werde ich entlang der Westküste Norwegens fahren, die wirklich grandiose Landschaften und auch einige interessante Städte erwarten lässt.

Um nach Alta zu gelangen, geht es wieder über Berge und Hochebenen und von einem Fjord in den anderen. Die Gipfel sind weiterhin schneebedeckt und der alpinen Landschaft sieht man an, wie sie sich dem rauen polaren Wetter erwehren muss. An der Küste ist es etwas wärmer, so zwischen 8-10°C und die Natur beginnt langsam jetzt Mitte Juni aufzublühen wie in unseren Breiten im April. Ja und in Alta wird wieder das Zelt aufgebaut.

Heute ist ein Ruhetag, d.h. es wird nicht gefahren und ich sitze bei tiefblauem Himmel in der wärmenden Sonne. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier noch Polarregion ist, das Thermometer 10°C zeigt und ein kalter Wind bläst. Das ganze heißt dann arktischer Sommer mit dem weiteren Vorteil/Nachteil wie immer man das sieht, dass die Sonne zwischen dem16. Mai und dem 26. Juli 7/24 scheint. Die nächsten Bilder sind frühmorgens 1:30 Uhr aufgenommen - taghell.

Wäre es jetzt Winter, könnte man hier in Alta die schönsten Nordlicht Beobachtungen machen. 1999 hat Alta deshalb auch den Beinamen Nordlichtstatt bekommen und entsprechend wird die 2013 eingeweihte neue Kirche auch Nordlichtkathedrale genannt. Sie ist heute mein Ziel.

Die Kirche ist ein  architektonisch interessanter Betonbau, der außen vollständig mit Titan!!! verkleidet ist. Das Innere der Kirche zeigt kühles und schlichtes nordischen aber nichtsdestoweniger beeindruckendes  Design. Im Keller ist ein Museum zum Thema Nordlichter eingerichtet, dass sehr anschaulich die Erforschung des Phänomens  und dessen Erläuterung darstellt.

Ansonsten besteht die Stadt aus Neubauten, auch Alta wurde im Krieg vollständig zerstört. Das Klima ist sehr gemäßigt, was ich jetzt gerade nicht fühle. Aber nirgendwo in der nördlichen Hemisphäre wächst Getreide soweit nördlich. In den 70zigern wurden über 3.000 Felszeichnungen steinzeitliche Funde hier entdeckt. Die Region ist also schon seit Urzeiten besiedelt.


Tromsö

Weiter geht es Richtung Tromsö entlang der Küste. Es ist eine von Wasser, schneebedeckten Bergen, grandiosen Ausblicken und immer wieder neuen Buchten und Fjorden gekennzeichnete wunderschöne Landschaft. Wir kommen aus der Finnmark und sind jetzt in der Troms. Sie erscheint mir nicht so rau und teils unwirtlich wie es die Finnmark war. Das mag am Wasser liegen oder auch an der deutlich größeren Besiedelungsdichte entlang des Wassers und der E6. Versucht man nach links in die Berge abzubiegen, ist das Angebot an Straßen eher gering. Das wäre sicherlich später nochmal ein lohnendes Ziel in die wenigen Stichstraßen ins Gebirge hineinzufahren. Auf dieser Strecke ist man zunehmend auf Fähren angewiesen (von Alta nach Tromsö 2x), was aber easy going ist.

In Tromsö sei vor dem Stadtcamping  gewarnt. Selbst der Stellplatz für Camper sieht aus wie von einem ahnungslosen, auf Rechtwinkligkeit und Platzoptimierung gepolten Beamten am Schreibtisch geplant. Schlimmer noch der Platz für Zelte. Der ist über eine Brücke zu erreichen, über die nur Fußgänger dürfen. Dann kommt man in einen feuchten Wald, in dem zwischen wurzeln, Gestrüpp und Bäumen ein paar Dreckplätze zum Zelten zu finden sind. Die Katastrophe nein eine Frechheit schlechthin. Empfohlen ist der Camping 20km weiter den Göttsund nordwärts. Dort steht man direkt am Wasser und kann u.a. auch die vorbeifahrenden Hurtigrouten Schiffe beobachten.

Tromsö ist eine schöne Stadt und durchaus sehenswert. Sie ist die einzige Stadt Nordnorwegens, die den zweiten Weltkrieg weitgehend unbeschadet überstanden hat. Die Innenstadt selbst und ihre Kneipendichte, die den Studenten der Universität Rechnung trägt, die imposante Brücke vom Festland auf den Inselstadtteil Tromsöa, die Eismeerkathedrale, der Dom zu Tromsö, die Waterfront am Hafen, das Polarmuseum, die Seilbahn auf den Hausberg Storsteinen u.a. mehr lassen hier keine Langeweile aufkommen. Der Blick vom Storsteinen soll im Winter auf die beleuchtetet Stadt besonders beeindruckend sein.

Insel Senja und Vesteralen

Von Tromsö geht es über die E8, die E6 und die 86 auf die Insel Senja. Es ist auch möglich mit der Fähre direkt von Tromsö auf die Insel zu fahren. Aber das Inselhopping vom Festland auf die Insel Senja, nach Andernes, auf die Lofoten und zurück auf das Festland beginnt erst und so wähle ich landschaftlich schöne Fahrt auf dem Festland Richtung Süden und dann weiter nach Westen zu den Inseln.

Vesteralen ist eine Inselgruppe, die sich nordöstlich an die Lofoten anschließt. Von der Insel Senja ist sie direkt mit der Fähre erreichbar. Ich fahre den zweite Campingplatz nach der Fähre in Andenes im Ort Bleik an und fühle mich plötzlich wie in der Karibik. Weicher sauberer weißer Stand, türkisfarbenes Wasser, grasbewachsene Dünen und im Hintergrund steil aufragende kahle Felsen ohne Vegetation. Bei der Überfahrt hatten die Berge sogar noch Schneekappen. Krasser kann der Gegensatz nicht sein, karibischer Strand und polare Landschaft im Hintergrund. Aber klar, wir sind noch 300km nördlich des Polarkreises. Der Stand ist 2,8km lang und die Einheimischen nehmen in Anspruch, dass es der längste Beach in Norwegen ist.

Ein Erlebnis ist die Fahrt zum Vogelfelsen vor Bleik auf der etwa 80.000 Papageientaucher Pärchen nisten. Das sind die lustig aussehenden Vögel mit dem großen bunten Schnabel und den roten Füßen. Es sind recht intelligente Tiere. Bevor sie aus Ihrer Bruthöhle abfliegen sitzen sie am Eingang und beobachten die Umgegend nach ihren Feinden den Seeadlern. Beim Anflug auf den Felsen verschwinden sie sofort in der Höhle.

Ein zweites Erlebnis war die Fahrt zur Walbeobachtung ca. 17km vor der Küste. Andenes gilt als hervorragender Spot zur Beobachtung von Pottwalen, Orkas, Grind-, Buckel- und Finnwalen. Wir haben an diesem Tag ca. 20-25 Orkas und zwei Pottwale gesehen. So viele Wale zusammen habe bisher werder vor Hermanus in Südafrika oder im Beagle Kanal vor Feuerland gesehen. Die mehrstündige Tour hat sich gelohnt.


Richtung Süden kann man die Ostroute auf der 85 oder die West Westroute an der Nordsee entlang. Ich wähle letztere und und in deren Verlau kommt man an der Farm Nordtun Gärd vorbei. Die Wirtin ist schon mehrmals für Ihre Kuchen ausgezeichnet worden und ist in jedem Fall einen Besuch wert. Darüber hinaus erhält gibt Sie auch Hinweise zu Möglichkeiten der Weiterfahrt. Da ich gerne auf Abwegen fahre, nehme ich kurz hinter der Farm die Straße nach Sormela, anfangs noch Teerstraße mutiert sie später zu einer gravel road. Mit dem Motorrad gut zu befahren mit etwas Bodenfreiheit auch mit dem Auto. Die Straße umrundet eine Halbinsel und es gibt zwei schöne Stellplätze mit Blick aufs Meer.

Mich zieht es weiter Richtung Lofoten und ich übernachte auf dem Campingplatz Konggarden bei Kongselva auf den Lofoten. Glücklicherweise ist der Abend trocken, sodass das nass verpackte Zelt trocknen kann.

Lofoten

Die Abfahrt beginnt heute Morgen mit zwei Verzögerungen. Erst wirft ein Holländer beim Wenden seinen Wohnwagen fast um und danach blockiert er die Zufahrtsstraße wegen eines entgegenkommenden LKW's. Also nicht alle aus der Wohnwagennation können auch damit umgehen:-) Deshalb schnel vorbei und an Richtung Lofoten. Heutiges Ziel ist Svolvär an den Vestfjorden. Die Stadt biete bis auf ein paar Kneipen um den Hafen und viele Outdoor Angebote nicht wirklich viel. Wesentlich interessanter ist das in der Nähe gelegene Kabelvag, das mit zwei weiteren Orten aus Vagar hervorgegangen ist. Vagar war 1000 n. Chr. das erste städtische Zentrum nördlich des Polarkreises. Hier aus hatte der Stockfischhandel mit dem christlichen Europa seine Ursprung. Der Stockfischhandel und die -herstellung waren und sind ein bedeutender Industriezweig, ohne diesen viele Entwicklungen hier sicher anders verlaufen wären.

Was verbindet man mit dem Norden Europas - richtig, die Wikinger! In Borg hat man in den 80zigern, nachdem beim Pflügen Scherben gefunden wurde, ein Langhaus (oder das was davon noch übrig war) ausgegraben. Nach Analysen von Feuerstellen stammt es etwa aus der zeit 700-1100 n. Chr., einer zeit in der dort etwa 1.800 Menschen gelebt haben. Heute ist das Langhaus (83m lang und bis 9m breit) unweit der Ausgrabung wieder aufgebaut worden, zeigt recht schön wie damals gelebt wurde und kann als lebendes Museum besichtigt werden. An der ehemaligen Anlegestelle besteht auch die Möglichkeit mit einem Wikinger Bootsnachbau eine Runde zu segeln.

Borg liegt auf Vestvagoya nördlich von Leknes.

Was habe ich über die Wikinger gelernt?

- Wikinger hatten keine Hörner auf ihren Helmen, das ist eine Erfindung von Richard Wagner, um seine Gestalten auf der Bühne unterscheiden zu können.

- Wikinger sind keine ethnische Gruppe und wurden von Anderen so benannt, wenn sie mit ihren Booten auf Handels- oder Raubzug unterwegs waren. Danach waren sie wieder Bauern, Schmiede, Müller usw.

- Ausgrabungen haben es gezeigt und überliefert ist es wohl auch. Die Wikinger haben aus Gläsern ohne Stiel getrunken, wenn sie leer waren wurden sie entweder gefüllt oder verkehrt herum auf den Tisch gestellt. Geile Sache das - halbvolle Gläser hat es wohl eher nicht gegeben.

- Nachkommen der hier herrschenden Häuptlinge leben heute noch auf Island. Angeblich gehört ihnen das Land auch noch - aber ob ich das richtig verstanden habe weiß ich nicht.

Die heutige Strecke führt über Nusfjord, Ramsberg und Reine nach Moskenes an das Südende der Lofoten. An Nusfjord scheiden sich sicherlich die Geister. Einerseits ist die Zufahrt durch den Bergdurchbruch sehr schön und der Ort selbst zeigt mit seinen roten Häuschen, der Anlage des Ortes und der felsigen Küste beeindruckend das, was man sich so landläufig unter der Küste Norwegens und speziell der Lofoten vorstellt. Andererseits ist der Ort aber so vermarktet und in der Saison auch überlaufen, dass man 100Nk Eintritt zahlen muss. Trotzdem lohnt sich ein Spaziergang durch den Ort, den alten Krämerladen, die alte Lebertranfabrik und den Hafen mit seinen Rorbuers.

Reine ist wahrscheinlich der bekannteste Ort auf den Lofoten. Am bekanntesten dürften die Bilder der roten Rorbuers vor dem Hintergrund der massiven Felsformation des Ortes sein. Deshalb ist der Ort wohl auch schon in der Vorsaison überlaufen. Ich mache nur die obligatorischen Bilder und fahre weiter in den Süden nach Moskenes auf den Campingplatz. Der nächste Tag führt mich noch etwas südlicher bis zum Ort mit dem kürzesten Namen. Über den Ort A hinaus zu fahren ist nicht möglich. Auf der Suche nach etwas Essbaren geht es nochmal zurück nach Reine, und wenn man will findet man auch ruhige Ecken. Von Norden kommend vor der Brücke an der Ampel links liegt etwas versteckt am Wasser eine sehr schöne und gutes Restaurant in einemalten Fischer- und Handelshaus mit dem angeblich ältesten Holzfußboden auf den Lofoten. Die Destination ist zu empfehlen. Zurück auf dem Campingplatz ist ein Tennere Farer angekommen, was die Möglicheit zu ausgiebigen Motorengesprächen über Reifen, Motorräder Toure und gott und die Welt führt.

Morgen soll es dann sehr früh auf die Fähre Richtung Festland gehen.


  • Entlang der 17 nach Trondheim

    3,5 Stunden Fähre von Moskenes nach Bodö. In Bodö regnet es immer noch und so fällt der Plan die angeblich schönste Straße Norwegens nach Fauske  entlang des Saltfjorden und Skjerstadfjorden  zu fahren flach.

    Ich wende mich sofort nach Süden 17 in der Hoffnung auf besseres Wetter. Die Landschaft ist phantastisch. Berge, Fjorde, grüne Täler und abwechslungsreiche Vegetation. Die Strecke führt auch am zweitgrößten Gletscher Norwegens dem Swartisen, auch schwarzer Gletscher genannt, vorbei.  Er erstreckt sich von 1200m bis auf etwa 200m an den Fjord. Der Gletscher kann belaufen werden, dafür setzt man vom Parkplatz an der 17 mit einem Boot über.

    Rückblicken ist die Strecke mit dem Motorrad sehr zu empfehlen. Sie lässt sich sehr zügig fahren, sie ist fahrtechnisch abwechslungsreich und die Landschaft phantastisch. Von Tjötta nach Horn befährt man am besten in den Abendstunden die lokale Runde (d.h. mit diversen Stops über Igeröya). Dann fällt das Licht der Sonne im Westen besonders schön auf die Felsen der Westküste und die Fähre fährt z.T. sehr dicht an den Felsen vorbei.

    Nach Horn fährt man wieder auf die 17 bis Kjelda und biegt nach dem Ort auf die 802 ab, folgt der 771, der 770 und der 769 nach Holes. Von dort geht die Fähre nach Lund und weiter auf der 769 bis Namsos. danach folgt man wieder der 17 bis Steinkjer und weiter nach Röra. Den Trondheimsfjorden sollte man nun nordwestlich auf der 755 und später auf der 715 nach umfahren und von Rörvika die Fähre über den Fjord nehmen. Auf den manchen Karten fehlt ein Stück Straße nach Slipra (Sliper). Das ist nicht richtig, hier konnte die Africa Twin ein wenig artgerecht bewegt werden.

    Nach der Fähre ist es nicht mehr weit bis Trondheim.


    Trondheim

    Schön wieder einmal in einer größeren Stadt zu sein. Alt- und Neustadt sind sehr schön und interessant und laden wirklich zum Erkunden ein. Mir hat die Gegend um den Hafen sehr gut gefallen, wo alte Gebäude und Gerätschaften wie z.B. alte Kräne oder Slipanlagen in die Neubauten einbezogen werden. Imposant sind die alten Speicher- und Geschäftshäuser am Kanal, was von reger Handelstätigkeit in der Vergangenheit zeugt.

    Am Abend gut Fisch und schmackhaftes Bier in einem sehr schönen Restaurant am Kanal genossen.

    Kistiansund

    Für alle die sich für alte Schiffe und Boote interessieren ist Kistianssund und die Mellemwerft ein must have. Die Weft wurde 1865 gegründet und ist mit ihren damaligen Techniken erhalten und damit noch in Betrieb. Es wird geslippt wie damals, mit der gleichen Anlage, mit dem gleichen Antrieb und der gleichen Technologie. Alles ist zugänglich, die Techniken können besichtigt werden und Auskunft wird gerne gegeben.

    Wunderschön auch die Windjammer und die kleineren historischen Segelboote im Hafen.

    Aber nicht nur der Hafen von Kristiansund auch die Fahrt von Trondheim hierher ist wider einmal landschaftlich und fahrerisch ein Hochgenuss und kann nur empfohlen werden.

    Wenn nur das Wetter besser wäre.

  • Die Atlantikstraße

    Es hat die ganze Nacht geregnet und es regnet noch. Aber hier im Norden lernt man nach WetterApp zu fahren. Die sagt ab Mittag wird es besser und so ist es dann auch. Bis zur Atlantikstraße sind es nur knapp 40km, also los.

    Es ist grau, wolkenverhangen und windig, genau das Richtige Wetter, um die Atlantikstraße zu befahren. Sonne würde zu dieser Kulisse aus Wellen, Wind, Meer und Straße einfach nicht passen. Es ist eine outstanding road von 8,274 km Länge mit 8 Brücken über 7 Inseln und eine Meisterleistung des Straßenbaues im Europäischen Nordmeer. Sie zu befahren ist ein Erlebnis, man sollte auch die Aussicht aufs Meer von den Aussichtsplattformen einmal genießen.

    Schön an dieser Stelle, die von viele Menschen besucht wird, der Blick zurück mit dem Denkmal und der mahnende Blick in die Zukunft mit der Krabbe, die von Schülern aus Plastikabfällen aus dem Mehr gestaltet wurde.

    Es geht Richtung Schweden

    Es regnet wieder und die Aussichten in Norwegen zeigen keine Wetterveränderung. Weiter östlich ist es dagegen seit Tagen schönes und warm. Ich muss ja niemanden fragen, also verlasse ich zunächst die Küste in Richtung Landesmitte und werde mir dann den Weg zu den großen Seen in Schweden suchen.

    Übernachtet wird endlich wieder im Zelt auf einem kleinen Zeltplatz in Oppdal. Was sagt die WetteApp? Es soll wieder regnen und es regnet auch die Nacht hindurch. Also wieder einmal nass einpacken. Allerdings entschädigt die Fahrt durch den Dovrefjell Sunndalsfjella NP. Die E6 schlängelt sich zunächst an einem Fluss entlang bis zu einer Hochebene auf etwa 1900m. Der Abschnitt lohnt sich zu fahren, vor allem wenn man früh Morgens fast allein on the road ist. Später kommt die E136 aus Alesund dazu. Verkehr, Ortschaften und 60km/h gestalten den Verkehr zäh und ermüden. Wie schön war es doch im Norden.

    Über Lillehammer geht es weiter nach Süden und vor Oslo dann nach Osten Richtung Schweden. In Arvika (S) finde ich einen Campingplatz und hier hat es schon wieder geregnet - ich bin ein Regenmacher. Aber die Temperaturen steigen, es sind 20°C und ich werde meine Kleidung von polar auf Sommer umstellen.


    Schweden

    Wenn man gerade von der beeindruckenden und rauen Küstenlandschaft Norwegens kommt, ist die Natur Mittel- und Südschwedens nach meiner Auffassung schön aber doch nicht so mitreißend wie die Natur entlang der Nordmeerküste. Dafür gibt es hier einige andere Highlights, über die ich gerne berichte.

    Die weitere Route wird verlaufen von Arvika nach Karlstadt und  Kristinehamn am Nordufer des Vänern, dann entlang des Ostufers nach Süden, um wieder nach Norden die Nordspitze des Vättern zu umrunden. Von Linköping könnte ich einen Abstecher nach Stockholm machen, was mich aber nicht mehr reizt.  Ich suche mir den Weg Richtung Süden nach Oskarsham, um von dort zur Insel Öland in der Ostsee zu fahren. Von Öland geht es entlang der Ostseeküste nach Ystadt und weiter nach Malmö.


    Highlight des Tages aber war das Industriemuseum für
    VOLVO-Motoren in Skövde. Wunderbare Technik und Motoren vom ersten Volvo Pkw bis zu den heutigen großen PENTA- Marinemotoren. Auch ja, und wer denkt Initiativen zur Steigerung der Produktivität sind eine Erfindung der letzten Jahre, der sei eines besseren belehrt. Auch bei Volvo gab es das schon in den Achtzigern. Full Rulle heißt wohl Volle Pulle (meine freie Übersetzung).

    Skövde ist auch ein Wintersportort für Alpin und Langlauf. Auf diesem Berg liegt auch der ganzjährig geöffnete Campingplatz.

    Ein Motorrad, dass knieend gefahren wird, 160km/h schnell war und 1931 gebaut wurde sowie viele andere Produkte der seit über 300 Jahre bestehenden Firma Husquarna sind in deren Industriemuseum in Jönköping zu sehen. Husquarna wurde 1689 gegründet - Kraftprodukte für den Außenbereich. Dazu gehören auch seit über 100 Jahren Motorräder. Nach Royal Endfield ist Husquarna zweitältester ununterbrochen produzierender Motorradhersteller, der heute zu KTM in Mattinghofen (A) gehört.

    Gränna liegt am Vättern See und ist bekannt für seine Zuckerbäckereien. Bonbons und Zuckerstangen jeder Form und jeden Geschmacks werden  hier hergestellt, können verkostet und natürlich auch gekauft werden. Bei Touristen ist der Ort sehr beliebt. Selbst jetzt in der Vorsaison herrscht reger Betrieb. Der Ort hat einen riesigen Campingplatz, dessen Größe mich abschreckt. Ein paar Kilometer weiter links auf einem Gehöft lässt es sich viel besser campen. Aber Achtung Kreditkarten sind dort noch unbekannt - Bahrzahlung!
    Der Göta Kanal verbindet gemeinsam mit mehrere Seen Göteborg am Kattegat mit Stockholm an der Ostsee und ist mit seinen Schleusentreppen eine wirkliche bauliche Meisterleistung. Wer schon einmal ein Boot durch ein Schleuse bringen musste, weiß um die Herausforderung und was dabei alles so passieren kann. In Berg bei Linköping sind es 7 zusammenhängende Stufen die 19m Höhenunterschied überwinden!

    Die Insel Öland erreicht man wie so oft in Skandinavien über eine imposante Brücke. Wendet man sich danach nach rechts entlang der Westküste befindet man sich inmitten des touristisch extensiv erschlossenen Teil der Insel. Glücklicherweise gibt es aber einige Querverbindungen zur Ostküste. Auf den kleinen engen Straßen ebbt der Verkehr sofort ab und die Insel mit ihren unzähligen Windmühlen (und damit meine ich die Alten aus Holz) wird auf einmal sehr schön. Man findet Zeugnisse aus der frühesten Besiedelung der Insel, die zum kulturellen Erbe Schwedens gehören. Entlang der Ostküste fährt man durch viele kleine Orte die noch authentisch wirken und nicht vom Tourismus überrannt sind. Empfehlenswert für gutes Essen ist der Ort Kärehamn, in dem man hervorragenden Frisch- und Räucherfisch kaufen und essen kann.

    Von Öland nach Malmö

    Das nächste Ziel heißt Ystadt, die Stadt mit der ich immer ein Segelerlebnis aus den Neunzigern verbinde. Aufgrund widriger Windverhältnisse war es damals nicht möglich von Rügen aus direkt nach Bornholm zu Segel. Wir mussten abdrehen und einen Zwischenstop in Ystadt einlegen. Damals haben wir von der Stadt nicht sehr viel gesehen, das will ich dieses mal nachholen.

    Zunächst sind aber rund 330km auf der E22 entlang der Küste abzuspulen. Nimmt man sich mehr Zeit dafür, sollte man in Kalmar z.B. das Wasserschloß oder auch die Stadt ansehen, in Karlskrona in jedem Fall das Marinemuseum, das ich mir auf meiner Ostseeumrundung 2015 angesehen habe oder aber auch das Schloss in Karlskrona.

    Ich schaue mir Ahus an. Eigentlich ein wenn auch hübsches so doch unbedeutendes Städtchen, wenn von dort nicht der "Absolut Wodka" herkommen würde. Jede auf der Welt getrunkene Flasche Absolut Wodka wird hier hergestellt. An der Fabrik gibt es ein sehr schönes Gartenlokal, in dem man diese klare Getränk pur oder auch in besten Cocktails trinken kann. Campen darf man in diesem Garten eine alte Villa nicht, deshalb lasse ich mich dort auch gar nicht erst nieder. Ich verkneife mir auch den angebotenen Fabrikrundgang wegen der damit verbundenen Verkostung. Sollte man doch den Wodka ausprobieren, ist danach ein kleiner Rundgang durch die Altstadt und entlang des Kanale mit viele schönen Booten empfohlen.

    Interessant ist noch der Ursprung des Namens. Der Schwede Lars Ollson Smith erfand um 1900 die fraktionierte Destillation, mit der die Trennung von Alkohol und Fuselölen viel besser gelang als bisher. Diesen besseren Alkohol nannte er Absolut Renat Brännvin. Alter Schwede - nicht schlecht Dein Absolut Wodka.

    Weiter geht es nach Ystadt und dabei passiert ein Missgeschick. Beim Tanken passe ich nicht auf und fülle, ohne es zunächst zu merken, E85 in den Tank - fast puren Ethanol. Zunächst lief der Motor noch normal, ging dann im Standgas an Kreuzungen aus, beschleunigte eher ruckelnd und die Leistung war auch nicht mehr vorhanden. Aber der Motor lief bei mittlerem und konstantem Gas und musste immer etwas auf Drehzahl gehalten werden. Irgendwann kam die Erkenntnis, dass etwas mit dem Sprit nicht stimmen konnte und nach Kontrolle der Quittung war der Fehler klar. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit wurde unalkoholisierter Sprit nachgetankt, bis der Motor wieder normal lief. Es war sicherlich nicht gut für den Motor, er hat aber m.E. keinen Schaden genommen und es zeigt wieder einmal wie robust die Africa Twin ist. Man sollte dann aber sehr gut auf den Motor hören und entsprechen fahren.

    Ystad die Wirkungsstätte von Kommissar Kurt Wallander aus den Kriminalromanen von Henning Mankell.
    In den Romanen gewinnt man einen eher düsteren Eindruck von diese Stadt. Das ist sie nicht, sie bietet in der Altstadt am Hafen immer wieder tolle Blicke in kleine Gassen mit viel Blumen vor den Häusern, in Hinterhöfe mit Kneipen und Geschäften und auf sehr schöne Häuser. Eine wirklich sehenswerte kleine Stadt.
    Für jeden Segler ist der Yachthafen natürlich ein Muss, zumal ich mit Ystad, wie schon erwähnt, auch persönliche Segelerlebnisse verbinde. Viele schöne und unterschiedliche Schiffe, aber eines stach dann doch heraus. Ein von einem Russen selbst gebauter Segler als Seeungeheuer verkleidet. Mit seiner Crew ist er auch der Suche nach der Insel Rus (?), auf der ein Herrscher gelebt haben soll, auf den die Gründung des Russischen Reiches zurückgehen soll - oder so ähnlich jedenfalls.

    Am Abend dann wieder mal einen interessanten Menschen getroffen. Steffen ist als Einhandsegler auf einer Bavaria37 unterwegs. Auch er vor kurzem pensioniert, interessiert an Gott und der Welt, dann wird der Abend lang beim Bier. Die abschließenden Wodkas auf seinem Schiff, hingen mir dann allerdings noch bis Malmö an. Aber es war sehr schön.

    Malmö - wem Schweden zu puppenstubenartig, provinziell und die Schweden zu zurückhaltend sind, der sollte Malmö besuchen. Mag es an der Geschichte die Stadt liegen, die lange Zeit zu Dänemark gehört hat, mag es die Nähe und schnelle Anbindung über die Öresundbrücke zu Kopenhagen sein oder liegt es daran, dass Malmö noch heute der bedeutendste Industriestandort Schwedens ist, ich weiß es nicht, aber für mich ist die Stadt modern, weltoffen und sehr lebendig.

    Es macht Spaß durch die Gamla Staden die Altstadt zu spazieren, vorbei an kleinen Fachwerkhäusern aber auch hanseatischen Backsteinbauten, unzählige Kneipen, kleinen oder großen Geschäften und neuen modernen Geschäftshäusern. Auf dem Weg zum Campingplatz in Sichtweite der Öresundbrücke  kann man durch Västa Hamnen fahren. Es ist ein vollkommen neugebauter Stadtteil, bei dem auf Nachhaltigkeit großer Wert gelegt wurde, der wohl auch klimaneutral und autark betrieben wird und einen hohe Wohn-, Lebens- und Freizeitwert und entsprechendes Arbeitsumfeld bietet. Wahrzeichen ist der Turning Tower als höchster Wolkenkratzer Skandinaviens und zweithöchstes Wohngebäude Europas. Mich hat er allein beim Durchfahren beeindruckt. Ich werde diesen Stadtteil sicher einmal intensiver besuchen.

    Wieder mal ein Tip für guten Fisch. Auf der Straße zum Campingplatz in der Nähe der Marina gibt es recht die Möglichkeit Fisch jeder Art zu kaufen oder auch vor Ort zu essen. Etwa eine halbe Stunde vom Camping Richtung Stadt geht natürlich auch.

    Der E85 Sprit hat sich zwischenzeitlich so verdünnt, dass die Africa Twin wieder vernünftig läuft. Sie hat glaube/hoffe ich keinen Schaden genommen. Die Fahrt über den Öresund von Malmö (S) nach Kopenhagen (DK) führt zunächst über die 7845m lange und weltweit längste Schrägseilbrücke der Welt und anschließend von der künstlich aufgeschütteten Insel Pebeholm über einen Tunnel bis zum Festland. Es ist wieder ein beeindruckendes Bauwerk, und reiht sich ein in eine Vielzahl von herausfordernden Straßenbauwerken in Skandinavien, die Flüsse, Fjorde oder Gebirge überwinden.

    Mich führt die Straße weiter über Odensee auf der Inseln Fünen auf das dänische Festland nach Kolding. Ziel ist Ribe an der Nordseeküste.

    Ribe ist die älteste Stadt Dänemarks. Sie wurde im 7. Jahrhundert gegründet und war bis in die Neuzeit Dänemarks bedeutendster Nordseehafen. Viele schöne Bauten aus der langen Geschichte der Stadt sind erhalten. Mir hat besonders die Stiftskirche mit ihren so deutlich sichtbaren Baustilen, der Romanik und Gotik und der große Marktplatz rings um die Kirche gefallen. Zu Martin Luthers Zeiten wirkte hier der Dänische Reformator und Bischof Hans Tausen. Etwas Besondere ist auch der Park inmitten der Altstadt, ein Ruhepunkt wenn Touristen die Stadt durchströmen.

    Das zweite Highlight des Tages war dann die Anfahrt zum Campingplatz auf der Insel Mandö. Diese führt über etwa 8km Kilometer Schotterpiste durch das Wattenmeer der Nordsee. Ohne Tidenkalender kann das schon mal im Wasser enden. Man kann telefonisch anfragen, wann die Anfahrt möglich ist oder wie ich darauf vertrauen, dass, wenn noch kein Wasser sichtbar ist, es schon gut gehen wird. Die Fahrzeit beträgt etwa 20min.

    Der Campingplatz Mandö Brugs & Camping liegt im Ort, der hinter den schützenden Dünen liegt. Wenn die Tagestouristen, die auf Traktorhängern mit übergroßen Rädern von Festland kommen, am späten Nachmittag die Insel wieder erlassen, kann man die Dünen und das Wattenmeer oder auch einen kleinen Spaziergang durch den Ort genießen. Mit einem Coop Shop und einem Restaurant ist für das leibliche Wohl gesorgt. Im Shop erfolgt übrigens auch die Anmeldung für das Camping. Wenn man die Zeit hat, sollte man Mandö besuchen. Es ist eine schöne Insel und vor allen ist die Zufahrt alles andere als gewöhnlich.

    Die Tour geht zu Ende und die Fahrt über Hamburg, eine Übernachtung in der Lüneburger Heide, nach Magdeburg, Halle, die A38 und A71 nach Ilmenau.

    12. Juli 2019 zurück in Ilmenau

    Honda Africa Twin - Die Legende der Fernreisemotorräder lebt.


    Wir sind gesund und wohlbehalten zurück von einer Traumtour durch Skandinavien, das Baltikum und Polen.

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